Christoph Rechberger
Chronische Schmerzen verstehen und bewältigen – der unerwünschte Begleiter
Anhaltende Schmerzen betreffen viele Menschen und können den Alltag erheblich erschweren. Diese können auch noch bestehen, sogar wenn die ursprüngliche Ursache bereits abgeklungen ist. Das Gewebe heilt, aber der Schmerz ist geblieben. Häufig führen die Schmerzen neben den Einschränkungen im Alltag, zu Schlafstörungen, erhöhter Reizbarkeit, sozialem Rückzug und einer Belastung der Psyche. Zu den häufigsten Ursachen zählen Arthrose, Bandscheibenprobleme der Lenden-/Halswirbelsäule, Kopfschmerzen wie Migräne oder Spannungskopfschmerz, Fibromyalgie oder Kieferprobleme. In diesem Artikel zeigen wir, welche Rolle die Physiotherapie bei chronischen Schmerzen spielt – und wie sie dich auf dem Weg zu mehr Lebensqualität unterstützen kann.
7.10.2025
Bewegung ja, aber wie viel?
Ein wichtiger Aspekt der physiotherapeutischen Arbeit ist die Aufklärung der Patientinnen und Patienten. Viele Betroffene entwickeln aus Angst vor Schmerzen eine Vermeidungsstrategie. Durch die Vermeidung und der niedrigen Belastung kommt es jedoch zu einem höheren Schmerzempfinden bei geringerer körperlicher Aktivität auf den Körper. Derselbe Effekt kann bei Menschen auftreten, welche ständig über ihre Belastungsgrenzen gehen. Hier spielt eine Adaptierung der alltäglichen Aktivitäten eine wesentliche Rolle. Zusammen wird der zugrunde liegende Schmerzmechanismus aus dem Bewegungsverhalten erarbeitet, ein Verständnis aufgebaut und gezielt an einer höheren Belastbarkeit aufgebaut. Patientinnen und Patienten können dadurch die Kontrolle über ihren Schmerz erlangen.
Es tut weh. Was soll ich da verstehen?
Alle Menschen sind individuell und so verhält sich auch der Schmerz. Und selbst eine präzise Diagnose allein kann das genaue Problem nicht beschreiben, da sich die Symptome bei jedem anders zeigen. Hier sind ein paar Fragen, die Sie sich stellen können, um ein besseres Verständnis für Ihren Schmerz zu bekommen:
- Wo befindet sich der Schmerz? Verändert sich dieser über den Tag?
- Gibt es eine bestimmte oder tut jede Bewegung weh?
- Wie lange braucht es beim Bewegen (z.B. Gehen, Stiege steigen, Sport) bis es beginnt? Oder tritt der Schmerz nur in Ruhe (z.B. Liegen) auf?
- Ist im Alltag alles möglich oder gibt es bereits Dinge, welche nicht mehr möglich sind?
- Bestehen die meisten Probleme in der Früh nach dem Aufstehen oder steigern sich die Probleme mit der Belastung des Alltags?
- Ist der Schlaf erholsam oder wird dieser immer wieder unterbrochen durch den Schmerz?
- Sind die Schmerzen stärker, wenn das Stresslevel steigt?
- Und die wichtigste Frage: Was tut gut und lindert sogar die Schmerzen?
Vielleicht helfen diese Fragen bereits Zusammenhänge zu verstehen und daraus die richtigen Schritte ableiten zu können.

Die "Schmerzen verstehen" als wichtiges Tool zur Behandlung von chronischen Schmerzen
Ich will schmerzfrei sein, ist das ein realisitisches Ziel?
Das Ziel von jedem wird immer lauten schmerzfrei zu sein. Aber ist das auch möglich? Bei einer bereits langen Schmerzgeschichte ist das Ziel von Schmerzfreiheit nicht das primäre Ziel, da es fraglich ist, ob dieses überhaupt erreicht werden kann. Daher gilt es Ziele zu definieren, welche konkret messbar und mit einem angemessenen Aufwand erreichbar sind. Diese sollten am Alltag, Beruf oder Sport orientiert und mit Aktivitäten verbunden sein. Dann sind die Ziele auch realistisch umsetzbar. Durch diese Einschätzung wird nicht nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, das Ziel erfolgreich umzusetzen, sondern auch die eigene Motivation und Ausdauer gestärkt. Dadurch hat man bessere Chancen, das Ziel auch wirklich zu schaffen.
Die Aufs und Abs
Als betroffene Person wünscht man sich immer den optimalen Verlauf mit stetiger Verbesserung. In der Therapie mit bereits lang bestehenden Schmerzen gibt es aber meistens Höhen und Tiefen und eine lineare Verbesserung der Symptome ist nicht immer möglich. Bei einem Rückschlag kann der bereits zuvor gewonnene Fortschritt, aber schneller wieder erreicht werden. Das Ziel der Therapie kann also wieder weiter verfolgt werden.
Nur gemeinsam sind wir stark
Auch die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen aus dem medizinischen Bereich spielen eine wesentliche Rolle. Eine Abstimmung der Therapie mit dem behandelndem Arzt kann ein wichtiger Faktor sein. Außerdem können Ergotherapie, Psychologie/Psychotherapie, Logopädie, Diätologie, Massage, Sportwissentschaften und pflegerische Berufe durch ihre Behandlungen einen positiven Effekt auf anhaltende Schmerzen haben.
Der Weg kann beginnen
Langfristig kann Physiotherapie nicht nur die Intensität von bereits lang bestehenden Schmerzen reduzieren, sondern auch die Lebensqualität verbessern. Zu Beginn ist eine detaillierte Erhebung des Problems notwendig, um ein Verständnis für den persönlichen Schmerzmechanismus zu bekommen. Mit diesem Wissen gilt es dann die Kontrolle zu übernehmen und dadurch stetige Fortschritte zu erzielen bis das Ziel erreicht ist. Entscheidend dabei ist die Regelmäßigkeit und das aktive Mitwirken der Betroffenen.